In seiner Haushaltrede beleuchtete der Vorsitzende der SPD-Kreistagsfraktion konstruktiv-kritisch den Haushalt des Kreises. Die SPD-Fraktion stimmte dem Haushalt geschlossen zu. Hier die Rede im kompletten Wortlaut:
Sehr geehrter Herr Landrat, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren,
Herr Landrat, Sie bringen heute Ihren ersten Haushalt ein und traditionell ist diese Haushaltsdebatte für die Fraktionen die Gelegenheit, Politik und Entwicklung im Landkreis zu bewerten.
Beim Lesen meiner Reden der letzten 3 Jahre habe ich wieder einmal festgestellt, wie mühsam das politische Geschäft in diesem Kreistag ist, denn viele Anträge und Vorschläge unsererseits mussten wir über Jahre Stellen, wurden abgelehnt, verzögert oder erst nach Jahren umgesetzt. Wenn jetzt Bewegung in unsere Forderungen - Schulentwicklungsplan oder Jugendsozialarbeit an Schulen - kommt, dann zeigt es deutlich wie wichtig und richtig unsere Anträge sind und waren.
Den ersten Antrag zur Erstellung eines Schulentwicklungsplanes reichten wir 2008 ein. 2010 haben wir Landrat Schwemmbauer das Konzept für einen Schulentwicklungsplan überreicht, weil in der Verwaltung niemand wusste wie sowas geht, übrigens die Verwaltung hat unter Schwemmbauer ein feines Gespür dafür entwickelt, mit welchem Engagement sie sich Themen annehmen musste, die den Landrat weniger interessierten. Und Sie, Herr Horndasch haben dieses wichtige Instrument all die Jahre lächerlich gemacht, man musste den Eindruck gewinnen, Sie haben nicht verstanden um was es geht. Wenn die CSU-Fraktion jetzt nach einem Wink von oben, Mittel für eine Bildungsregion fordert, dann sage ich guten Morgen. Sie konnten zwar im Haushaltsausschuss noch nicht erklären, was sie darunter verstehen, aber wir sehen als Ziele einer Bildungsregion die Vernetzung schulischer und außerschulischer Bildung, von Kindertageseinrichtungen, Grund- und Mittelschulen und weiterführenden Schulen, eine regional, abgestimmte Schulentwicklung – Integration und Sprachförderung usw. All das steht bereits in dem Konzept eines Schulentwicklungsplanes das wir Anfang 2010 dem Landrat übergeben haben.
Ich freue mich natürlich, dass die CSU-Fraktion langsam die Situation erkennt, aber es sind verlorene Jahre, die diesem Landkreis nicht zum Vorteil gereichen. Die vor 3 Jahren gebildeten Mittelschulverbände erodieren. Die Schulen kämpfen um jeden Schüler, trotzdem wechseln viele Schüler im Grenzraum nach Baden-Württemberg. Ähnlich verhält es sich mit der Jugendsozialarbeit an Schulen. Seit Jahren stellt die SPD-Fraktion Anträge, regelmäßige Ablehnung durch das konservative Lager und erst nachdem auch die Bayerische Staatsregierung die Brisanz erkannt hat und die Bundesförderung ab 2014 für alle Stellen die bis 2013 geschaffen sind, übernimmt, kommt auch im Landkreis Ansbach Bewegung in die Sache.
Wir sind dabei in der Metropolregion Nürnberg Schlusslicht, allein die Stadt Nürnberg hat in den letzten Jahren 80 Stellen für Jugendsozialarbeit an Schulen eingerichtet.
Es soll sich niemand einbilden an unseren Schulen herrscht eitel Sonnenschein, die Hilferufe und Anträge aus den Schulen zeigen die dringende Notwendigkeit der JaS
Dieses Unterlassen und Verzögern hat natürlich Auswirkungen: Beim Vergleich in der Metropolregion haben wir einen hohen Anteil nicht oder unzureichend ausgebildeten Jugendlichen auf der einen Seite, auf der anderen Seite stehen wir bei der Abwanderung von gut ausgebildeten Jugendlichen zwischen 18 und 25 Jahren in einer Reihe mit den oberfränkischen Sorgenlandkreisen Hof, Wunsiedel, Tirschenreut usw., wir weisen den schlechtesten Wert in der Region 8 auf. Die Gesamtbevölkerung hat sich seit 2004 um 6.000 EW verringert. Aber gerade diese Parameter sind entscheidend für die Zukunft in der Region, hier haben wir dringenden Nachholbedarf.
Ein erster Schritt in die richtige Richtung war die Einstellung eines Zukunftscoaches, übrigens dem starken Engagement des stellvertretenden Landrates Kurt Unger zu verdanken. Die Arbeit von Frau Groß zeigt bereits Wirkung. Bei der größten Ausbildungsmesse im Landkreis Ansbach, der Infomesse Ausbildung & Beruf, des Zweckverbandes Industrie-/Gewerbepark InterFranken werden heuer erstmals den Abiturienten der Gymnasien Feuchtwangen und Dinkelsbühl die Beschäftigungsmöglichkeiten für Ingenieure und Akademiker in den Firmen der Region sowie die Möglichkeiten eines dualen Studiums vorgestellt. Ziel ist es, die besten Kräfte in der Region zu halten, ich hoffe die anderen Messen ziehen nach. Daneben gilt es, die Auswirkungen des demographischen Wandels in allen Bereichen zu beleuchten und Strategien zu entwickeln.
Die älter werdende Gesellschaft bringt in vielen Bereichen Veränderungen. Der öffentliche Nahverkehr, derzeit sind 90 % der Fahrgäste Schüler, wird sich umstellen müssen auf die steigende Nachfrage der Senioren, mit den Problemen der ärztlichen Versorgungen und Einzelhandelsstruktur in den Dörfern dürfen wir die Kommunen nicht allein lassen. Das Seniorenpolitische Gesamtkonzept war ein erster richtiger und wichtiger Schritt, aber nur zu sagen „Kommunen jetzt macht mal“ ist zu wenig, hier muss der Landkreis weiter unterstützend begleiten.
Zur ärztlichen Versorgung gehört auch eine zufrieden stellende Krankenhaus-Struktur. Vor einer Woche fanden im Bezirksrathaus die 25. Ansbacher Gespräche mit dem Thema „Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum“ des Instituts für Entwicklungsforschung im ländlichen Raum Ober- und Mittelfranken statt. Das war eine sehr interessante Veranstaltung und die Vorträge haben gezeigt, dass wir in der Neustrukturierung der Krankenhaus-Landschaft schon sehr weit sind, aber noch nicht am Ziel. Die Vertragsverlängerung für Dr. Göpfert war richtig, die Zusammenführung der Kliniken ist noch nicht abgeschlossen und bekanntlich wechselt man nicht mitten im Fluss die Pferde. Aus unserer Sicht ist es wichtig, dass bei den Verbund-Verhandlungen der Landkreis die Möglichkeiten und Grenzen seiner Leistungsfähigkeit deutlich macht und daneben alle Synergien und Ergebnisverbesserungseffekte realisiert, so u. a. der Neubau der interdisziplinären Notaufnahme im Krankenhaus Dinkelsbühl. Bei dieser Gelegenheit komme ich nicht umhin, die Kollegen Horndasch und Schreiner auch mal zu loben, wie sie und stellvertretender Landrat Kurt Unger in der Verhandlungsgruppe die Interessen des Landkreises mit all ihrer Routine und Sachkenntnis vertreten, verdient unseren Respekt und ist sehr hilfreich. Damit will ich natürlich nicht das Wirken der übrigen Verwaltungsräte im Verbundklinikum und Klinikum Ansbach gering schätzen, ganz im Gegenteil. Die hier gezeigte Kommunikationskultur über Fraktionsgrenzen hinweg ist bemerkenswert und hätte uns sicherlich in einen gänzlich anderen Bereich viel Arbeit und Zeit gespart.
Die Einführung der Biotonne war ein Prozess der sich über Jahre hinzog und immense Energie und Zeit verschlang. Auch hier war der Landkreis Ansbach einer der letzten in Bayern und trotz Effekt haschenden Unterschriftsaktionen wurden selbst aus mittelalterlichen Stadtkernen nach der Biotonnen-Einführung kein Seuchenausbrüche gemeldet, die angebliche Überflüssigkeit mündete in eine sagenhafte Akzeptanz und die blöde braune Tonne muss alle 14 Tage raus, weil sie irgendwie immer voll ist. Nicht mehr alle 14 Tage raus muss zunehmend die Restmülltonne und jetzt sind wir gefordert hier Einsparungen zu generieren. Es ist eine gewisse Ironie, dass ausgerechnet die Klage des Kollegen Eckhardt und die Empfehlung des kommunalen Prüfungsverbandes zur zeitnahen Abschmelzung des Gebührenüberschusses in Millionenhöhe führt. Übrigens die langjährige Forderung der SPD-Fraktion auf Gebührenanpassung wurde von der CSU-Fraktion (einschl. Eckhardt) jahrelang verhindert. Wir dürfen jetzt aber nicht stehen bleiben, alle Einsparmöglichkeiten bei der Entsorgung der rückläufigen Restmüllmengen müssen geprüft werden, z. B. erweiterte Leerungsintervalle.
Meine Damen und Herren, der rote Faden meiner Rede ist die Zukunftsfähigkeit dieses Landkreises, dazu gehört natürlich auch die wirtschaftliche Entwicklung. Und hier erleben wir gerade einen Paradigmenwechsel: Zum ersten Mal wird eine sehr großflächige, reine Logistikansiedlung in Herrieden allseits begrüßt und die quasi über Nacht durchgeführte Rodung von 10 Hektar Wald in Waldeck, den Namen wir die Ortschaft wahrscheinlich verlieren, auch vom Bund Naturschutz als notwendig betrachtet. Zur Beruhigung des ökologischen Gewissens wird der Wald zum Wirtschaftswald mit geringerem ökologischem Wert, genauso wie bei den Rodungsflächen für Windparks.
Verehrte Kollegen von den Grünen und lieber Bund Naturschutz, jetzt ist
die Gelegenheit bei einer gewissen Wahrung des Ansehens
zuzugeben, dass ihr mit der Ablehnung von Centerparks und InterFranken
auf dem Holzweg ward. Wahrscheinlich sind diese Großprojekte für viele in
der Region zu früh gekommen, manche Entwicklung braucht bei uns eine
längere Reifezeit.
Trotzdem war Centerparks und ist InterFranken eine große Chance für diesen Landkreis. Während viele in der Region wie das Kaninchen vor der Schlange auf das Normenkontrollverfahren starren, hat der Zweckverband InterFranken bei seinen Verhandlungen auch mit ausländischen Investoren feststellen können, dass für diese Investoren eine solche Klage etwas selbstverständliches ist, mit dem sie bei jedem Großprojekt in Deutschland konfrontiert sind. Sie investieren auch deshalb bevorzugt in Deutschland, weil sie sich auf eine umfassende und sichere Planung verlassen können. Das wichtige Projekt Industrie-/Gewerbepark InterFranken schwenkt auf die Zielgerade ein. Der Bau der AN 4 muss nun mit Nachdruck betrieben werden. Herr Landrat, Sie stehen zu diesem Projekt und die Signale der letzten Wochen von Ihnen an den Zweckverband sind von diesem dankend registriert worden.
Herr Landrat, bei der Wahl vor einem Jahr waren Sie nicht unser Wunsch- kandidat, aber durch Ihre bisherige offene und ergebnisorientierte Amts- führung wächst bei uns die Zuversicht, dass wir die Stagnation und Zögerlichkeiten der letzten Jahre überwinden und mit neuem Schwung den Herausforderungen der Zukunft begegnen können. Wir werden Sie kritisch aber sehr konstruktiv dabei begleiten. Den von Ihnen geforderten Stellen und dem Haushalt stimmt die SPD-Fraktion zu, auch wenn wir nicht alle Forderungen durchsetzen konnten.